„An systematisch gut gemanagten Aktienportfolios führt kein Weg vorbei“

Dr. Gregor Broschinski, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Düren, über konsequentes Re-Balancing, risikofreie Renditemöglichkeiten und eine globale Anlagepolitik.

Das Börsenjahr 2023 hielt so manche Überraschung parat. Vor allem in der ersten Jahreshälfte lief es besser als erwartet. Wie haben Sie auf diese Entwicklungen reagiert?

Dr. Gregor Broschinski: Unsere konsequente Re-Balancing-Strategie in der Vermögensverwaltung hat sich erneut bewährt. Wir waren auf der Aktienseite voll investiert, während die meisten Marktteilnehmer in den Kundenportfolios eher zu vorsichtig unterwegs gewesen sind. Auf der Rentenanlageseite zeigte sich unsere nach wie vor kurze Duration als überlegener Ansatz.

Die hohe Inflation hält sich hartnäckiger als gedacht. Schnelle Zinssenkungen scheinen damit erst einmal vom Tisch zu sein. Welche Auswirkungen hat dies auf Ihre Portfolio-Allokation?

Broschinski: Wir rechnen 2024 mit einer ausgeprägten Seitwärtsentwicklung im Zinsniveau bei weiterer Normalisierung der Zinsstrukturkurve. Längere Laufzeiten dürften also im Vergleich zu kürzeren Laufzeiten bald wieder erkennbar höher rentieren. Die Duration in den Rentenportfolios könnte dann etwas länger ausgerichtet werden.

Welche Rolle spielt für Ihre Kunden aktuell das Thema Zinsen bzw. Anleihen? Wird explizit danach gefragt?

Broschinski: Nachdem in der historischen Anomalie der Negativzinsphase das Thema Zins keine Rolle mehr spielte, ist dies nun umso mehr der Fall. Bei Tages- und Termingeldern bieten sich wieder risikofreie Renditemöglichkeiten, die von den Anlegern mit großem Interesse verglichen und verhandelt werden. Hinzu kommt, dass sehr vermögende Anleger und Institutionen derzeit Liquidität sammeln, um sich bietende Chancen im korrigierten Immobilienmarkt wahrnehmen zu können.

An den Börsen hat sich die Stimmung zuletzt deutlich eingetrübt. Welche Herausforderungen sehen Sie für die Anlageklasse Aktien? Werden Anleihen zur ernsthaften Konkurrenz?

Broschinski: Anleihen sind wieder eine Anlageklasse, welche einen soliden Grundperformancebeitrag ins Portfolio bringt. Das Risiko von Kursrückgängen bei Anleihen ist überdies bei dem erreichten Zinsniveau sehr gering und verkraftbar. Das bedeutet für uns jedoch nicht, die Anlageklasse Aktien niedriger zu gewichten. Wir bleiben davon überzeugt, dass längerfristig kein Weg an systematisch gut gemanagten Aktienportfolios vorbeiführt.

Welche Bedenken haben vermögende Anleger hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und Europa, aber auch generell in der Welt? Gibt es Regionen oder Branchen, die Sie derzeit bevorzugen?

Broschinski: Unternehmenskunden und sehr vermögende Anleger machen sich kritische Gedanken zur Standortsicherheit, insbesondere Deutschlands. Die politischen Rahmenbedingungen und eine zunehmende Unsicherheit lassen diese Klientel viel stärker in den Rest Europas und in die USA oder Kanada blicken. Im Rahmen unserer Anlagestrategie sind wir klar auf eine globale Anlagepolitik ausgerichtet.

Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht eine Währungsdiversifikation im Portfolio? Und finden dabei auch Kryptowährungen Berücksichtigung?

Broschinski: Für vermögende Anleger ist das eine entscheidende Komponente. Unsere Anlagestrategie ist deshalb auch im Bereich der Währungen prinzipiell global ausgerichtet. Kryptowährungen sind dabei nicht mehr wegzudenken, spielen aktuell aber meist nur eine homöopathische Rolle im Rahmen solide aufgestellter Portfolios.

Wie stehen Sie zu Rohstoffen bzw. Gold als Portfoliobaustein und welche anderen alternativen Investments nutzen Sie?

Broschinski: Wir nutzen diese Anlageklassen, aber aufgrund der Produkteigenschaften nicht immer im Rahmen der Vermögensverwaltung. Für Gold gibt es gute physische Möglichkeiten, für Infrastrukturinvestments oder alternative Energien sind hingegen meist geschlossene Beteiligungskonstruktionen nötig. Das zeigt: Bei einem gesamthaften Vermögensmanagement darf es nicht nur um die Wertpapierverwaltung gehen.

Künstliche Intelligenz (KI) war 2023 eines der großen Themen an der Börse. Wie ist Ihre Haltung dazu und nutzen Sie die Möglichkeiten der KI bereits selbst?

Broschinski: Für große Datenmengen verwenden wir durchaus bereits entsprechende Systeme. Künstliche Intelligenz im Sinne von voll automatisierten Entscheidungen halten wir derzeit jedoch noch für einen Irrweg, dem wir nicht vertrauen würden. Wir setzen in unserer Anlagepolitik eindeutig auf die Prinzipien Systematik, Disziplin und klare Regelbasierung.

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